Compliance

Hinweisgeberschutzgesetz

Das Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, kurz: Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), ist am 16.12.2022 durch den Bundestag beschlossen worden. Sobald es durch den Bundesrat verabschiedet wird, wird das Gesetz drei Monate nach Verkündung in Kraft treten.

Privaten Beschäftigungsgebern mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten wird eine Übergangszeit eingeräumt, die internen Meldestellen erst ab dem 17.12.2023 einzurichten.

  1. Allgemeines

Das HinSchG regelt den Schutz von natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach dem HinSchG vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen. Geschützt werden auch Personen, die Gegenstand einer Meldung oder Offenlegung sind, sowie sonstige Personen, die von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.

Das HinSchG gilt dabei nur für die Meldung und Offenlegung von Informationen, die unter den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Hierzu ist in § 2 HinSchG eine lange Liste aufgenommen worden. Fällt die Information nicht in den sachlichen Anwendungsbereich, ist die hinweisgebende Person nicht geschützt. Da die Beantwortung der Frage, ob der sachliche Anwendungsbereich eröffnet ist, im Einzelfall schwierig sein kann, ist die hinweisgebende Person zumindest dann geschützt, wenn sie zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichend Grund zu der Annahme hatte, dass die Information Verstöße betrifft, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, § 33 Abs. 1 Nr. 3 HinSchG.

Zu beachten ist auch, dass Sicherheitsinteressen des Staates sowie Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten Vorrang genießen und diesbezügliche Informationen vom Anwendungsbereich des HinSchG ausgenommen worden sind.

Wichtig ist weiter, dass die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichend Grund zu der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprechen. Bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung ist die hinweisgebende Person zum Schadensersatz verpflichtet.

  1. Meldung

Meldungen können über interne oder externe Meldestellen erfolgen, wobei die hinweisgebende Person die Meldestelle frei wählen kann. Eine Rangfolge wird nicht bestimmt. Arbeitgeber dürfen aber Anreize dafür schaffen, dass sich hinweisgebende Personen zunächst an die interne Meldestelle wenden.

Die Meldung kann telefonisch oder in Textform (also beispielsweise per E-Mail) erfolgen. Es sind Meldekanäle vorzuhalten, welche auch eine anonyme Meldung ermöglichen. Sofern von der hinweisgebenden Person gewünscht, soll auch eine persönliche Zusammenkunft mit einer für die Entgegennahme der Meldung zuständigen Person ermöglicht werden oder eine Zusammenkunft via Bild- und Tonübertragung.

Interne Meldestellen sind durch Arbeitgeber einzurichten, die in der Regel mindestens 50 Beschäftigte haben sowie - unabhängig von der Beschäftigtenzahl - durch die Arbeitgeber, die in § 12 Abs. 3 HinSchG ausdrücklich genannt sind.

Private Arbeitgeber, die in der Regel 50 bis 249 Beschäftigte haben, können eine gemeinsame Meldestelle errichten oder auch Externe mit der Aufgabe betrauen.

Unklar ist noch, ob Konzerne eine zentrale Meldestelle einrichten können oder ob jede einzelne Konzerngesellschaft eine eigene Meldestelle haben muss. Die Klärung mit der EU-Kommission steht diesbezüglich noch aus. Es ist möglich, dass die deutsche Regelung europarechtswidrig ist, so dass von einer einheitlichen Meldestelle für Konzerne bis zur Klärung abzuraten ist.

Sofern keine interne Meldestelle eingerichtet ist, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu € 20.000,-- geahndet werden kann.

Bei internen Meldungen wird die Meldung spätestens nach sieben Tagen bestätigt und die Meldung wird geprüft. Innerhalb von drei Monaten nach der Eingangsbestätigung ist der hinweisgebenden Person grundsätzlich eine Rückmeldung über geplante sowie bereits ergriffene Folgemaßnahmen sowie die Gründe hierfür zu geben.

Externe Meldestellen sind u.a. bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und beim Bundeskartellamt sowie beim Bundesamt für Justiz einzurichten. Die Länder können darüber hinaus eigene externe Meldestellen für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen, einrichten.

Bei externen Meldungen wird die Meldung ebenfalls innerhalb von sieben Tagen bestätigt und die Meldung geprüft. Innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens innerhalb von drei Monaten ist der hinweisgebenden Person eine Rückmeldung zu geben. Ist die Bearbeitung umfangreich, beträgt die Frist für die Rückmeldung sechs Monate. Die Gründe für die Verlängerung der Frist sind der hinweisgebenden Person mitzuteilen.

Im gesamten Meldeverfahren sind die Grundprinzipien der Vertraulichkeit, Schutz der Hinweisgeber und Einhaltung aller Datenschutzrechte zu gewährleisten.

Die Dokumentation über die Meldung ist drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen.

  1. Offenlegung

Personen, die Informationen über Verstöße offenlegen, also Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit zugänglich machen, fallen nach § 32 HinSchG unter die Schutzmaßnahmen dieses Gesetzes, wenn sie

  • eine externe Meldung erstattet haben und hierauf innerhalb der Fristen für eine Rückmeldung keine geeigneten Folgemaßnahmen ergriffen wurden oder sie keine Rückmeldung über das Ergreifen solcher Folgemaßnahmen erhalten haben oder
  • hinreichend Grund zu der Annahme hatten, dass der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann, im Falle einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind oder Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten, Absprachen zwischen der zuständigen externen Meldestelle und dem Urheber des Verstoßes bestehen könnten oder aufgrund sonstiger besonderer Umstände die Aussichten gering sind, dass die externe Meldestelle wirksame Folgemaßnahmen einleiten wird.

 

Die wissentliche Offenlegung einer unrichtigen Information stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu € 20.000,-- geahndet werden kann.

  1. Schutz der hinweisgebenden Personen

Die hinweisgebenden Personen werden durch § 36 HinSchG besonders geschützt.

Verboten sind nicht nur Repressalien gegen hinweisgebende Personen, sondern auch bereits die Androhung oder der Versuch, Repressalien auszuüben. Zu den verbotenen Repressalien gehören beispielsweise Kündigungen, aber auch alle anderen Handlungen und Unterlassungen, die eine negative Reaktion gegen die hinweisgebende Person sind.

Sofern eine hinweisgebende Person nach einer Meldung oder Offenlegung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. Sofern die Person, welche die hinweisgebende Person benachteiligt hat, nicht nachweisen kann, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basiert, ist der Verursacher der Repressalie verpflichtet, der hinweisgebenden Person den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen und eventuell Schmerzensgeld zu zahlen. Zusätzlich stellt das Ergreifen einer Repressalie eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu € 100.000,-- geahndet werden kann.