Compliance

Ethikrichtlinien

  1. Inhalte und Grenzen von sog. „Ethikrichtlinien“

Ethikrichtlinien sind Verhaltensrichtlinien. Bedeutung haben derartige Verhaltensvorgaben vor allem in Unternehmen, deren Muttergesellschaft in den USA ansässig und dort börsennotiert ist. Deren Anleger sollen vor Wirtschaftskriminalität und sonstigem Fehlverhalten geschützt werden. Gesetzliche Vorgaben gibt es bei uns nicht. Ethikrichtlinien können sich daher auf wenige Vorschriften beschränken oder umfangreiche Regelungswerke enthalten, die das Verhalten der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, gegenüber Vorgesetzten und Kollegen, gegenüber Geschäftspartnern und Kunden oder auch – in engen Grenzen – das Verhalten im privaten Bereich regeln. Beispielhaft sind hier zu nennen ein Verbot der Annahme von Geschenken und Einladungen, die Pflicht zur Meldung von Interessenkonflikten, Regelungen zum Umgang mit Kunden, Regelungen zum „Whistleblowing“ etc.

Ethikrichtlinien dürfen das Privatleben der Mitarbeiter grundsätzlich nicht beschränken oder beeinflussen, sofern das betreffende Verhalten keinerlei Auswirkungen oder Bezug zum betrieblichen Verhalten hat. Regelungen zum gemeinsamen Ausgehen oder zu privaten Beziehungen zwischen Mitarbeitern können daher nicht Gegenstand einer verbindlichen Verhaltensanweisung des Arbeitgebers sein. Sollte eine einzelne Regelung auf dem Prüfstand stehen, müsste deren Rechtsmäßigkeit anhand des individuellen Persönlichkeitsrechts geprüft werden.

  1. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Die Aufstellung von Ethikrichtlinien ist (nur) zum Teil mitbestimmungspflichtig. Nach § 87 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat bei Regelungen zu Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Daher können zwar einzelne Regelungen der zwingenden Mitbestimmung unterliegen, nicht aber das Gesamtwerk. Zu beachten ist die Zuständigkeit, die aufgrund einer konzernweiten Geltung der Richtlinien in der Regel beim Konzernbetriebsrat liegt.

  1. Einführung durch das arbeitgeberseitige Weisungsrecht

Soweit Ethikrichtlinien arbeitsvertragliche und gesetzliche Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses detailliert beschreiben, kann der Arbeitgeber Ethikrichtlinien auch mittels seines Weisungsrechts einführen. Allgemein gilt: Der Arbeitnehmer hat die Interessen des Arbeitgebers in dem ihm zumutbaren Umfang zu wahren. Aus dieser Grundregel können sich vielfältige Pflichten in verschiedenen Bereichen ergeben, z.B. die Pflicht zur Verschwiegenheit, die Pflicht, das Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit zu wahren, die Pflicht, das Eigentum des Arbeitgebers zu schützen und ihn vor Risiken und Gefahren zu warnen sowie, sich des Wettbewerbs zu enthalten. Ethikrichtlinien, die diese Pflichten weiter konkretisieren und einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben, sind zulässig, sofern der Arbeitgeber ein zu billigendes Interesse an der Einhaltung der betreffenden Pflicht hat und der Arbeitnehmer nicht in unangemessener Weise in seinen Rechten beeinträchtigt wird.