PFGC,

Bauträgerrecht und Verjährung

OLG München, Beschluss vom 19.10.2023 - 28 U 3344/23 Bau:

Mängelansprüche der Erwerber bestehen nicht zeitlich unbeschränkt.

Die Erwerber können ihre Mängelansprüche nämlich auch verwirken. Das ist die Konsequenz, die das OLG München aus der Rechtsprechung des BGH zu den Folgen unwirksamer Abnahmeklauseln in Bauträgerverträgen zieht. Dass im Hinblick auf eine aus rechtlichen Gründen fehlgeschlagene Abnahme des Gemeinschaftseigentums Mängelansprüche der Erwerber zeitlich unbeschränkt fortbestehen und von der Gemeinschaft geltend gemacht werden können, sei mit den Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit nicht in jedem Fall zu vereinbaren, so entschied das OLG München in dem Beschluss.

Hintergrund: Bauträgerverträge enthalten relativ häufig unwirksame Abnahmeklauseln betreffend die Abnahme des Gemeinschaftseigentums, was nach diversen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (u.a. BGH, Urteil vom 12.05.2016 - VII ZR 171/15) im Ergebnis dazu führt, dass mangels Abnahme länger als 5 Jahre nach Fertigstellung und Übergabe des Gemeinschaftseigentums an die Erwerber, d.h. unter Umständen auch noch nach 10 oder 15 Jahren, Mängelansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums geltend gemacht werden können, z.B. wegen einer undichten Tiefgarage (mit sehr hohen Mangelbeseitigungskosten).

Entscheidung:

Die sich daraus ergebende Rechtsfrage, wie lange das denn grundsätzlich möglich sein kann, beantwortet das OLG München dahingehend, dass wohl irgendwann schon Schluss sein muss, weshalb eine Verwirkung der unverjährten (!) Ansprüche der Erwerber in Betracht kommt, insbesondere dann, wenn den Erwerbern und damit der WEG- und diesem Gesichtspunkt kommt erhebliches Gewicht zu – bekannt und bewusst ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dass ihnen potentiell Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum zustehen, z.B. weil sie deswegen ein selbständiges Beweisverfahren gegen den Bauträger geführt haben. In diesen Fällen sind die Voraussetzungen einer Verwirkung von Ansprüchen— Zeitmoment der langen Dauer von deutlich über 5 Jahren nach Übergabe sowie Umstandsmoment der Kenntnis von Mängeln — vom Gericht zu prüfen und ggf. zu bejahen. Die Konsequenz einer Verwirkung der Ansprüche ist dann, dass trotz unwirksamer Abnahmeklausel und noch nicht abgelaufener Verjährungsfrist keine Mängelrechte mehr von den Erwerbern und der WEG geltend gemacht werden können.

Anmerkung: Die Verwirkung ist jeweils im Einzelfall zu überprüfen. Eine abschließende Entscheidung des BGH steht hierzu noch aus, ist aber demnächst zu erwarten. Abschließend ist dann vom BGH zur Frage der Verwirkung jedoch wohl grundsätzlich und nicht nur für den Einzelfall für die Rechtssicherheit im Bauträgerrecht zu klären, ob die Erwerber sich dann nicht auf unverjährte Ansprüche berufen können, wenn sie zuvor bereits Mängelansprüche geltend gemacht haben (Umstandsmoment) und ab wann eine Verwirkung überhaupt in Betracht gezogen werden kann (Zeitmoment).

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